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Er blickte um sich, als sähe er zum ersten Male die
Welt. Schön war die Welt, bunt war die Welt, seltsam und rätselhaft
war die Welt! Hier war Blau, hier war Gelb, hier war Grün, Himmel floß
und Fluß, Wald starrte und Gebirg, alles schön, alles rätselvoll und
magisch, und inmitten er, Siddhartha, der Erwachende, auf dem Wege zu
sich selbst. All dieses, all dies Gelb und Blau, Fluß und Wald, ging
zum erstenmal durchs Auge in Siddhartha ein, war nicht mehr Zauber Maras,
war nicht mehr der Schleier der Maja, war nicht mehr sinnlose und zufällige
Vielfalt der Erscheinungswelt, verächtlich dem tiefdenkenden Brahmanen,
der die Vielfalt verschmäht, der die Einheit sucht. Blau war Blau, Fluß
war Fluß, und wenn auch im Blau und Fluß in Siddhartha das Eine und
Göttliche verborgen lebte, so war es doch eben des Göttlichen Art und
Sinn, hier Gelb, hier Blau, dort Himmel, dort Wald und hier Siddhartha
zu sein. Sinn und Wesen waren nicht irgendwo hinter den Dingen, sie
waren in ihnen, in allem.
Hermann
Hesse, Siddhartha
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